»Ein herrliches Buch!«, schrieb Karl Jaspers am 22. Mai 1948 über die Sechs
Essays, die gerade erschienen waren. Postwendend kam Antwort aus den
USA: »Wenn Sie den Essayband auch gedruckt noch mögen, ist gewiß alles
gut. (Auch wenn ich selbst weiß: ›Dies ist nun alles und ist nicht genug.‹)«, so
Hannah Arendt am 28. Mai.1 Ein »Emigrationslied« von Brecht spricht mit,
das Arendt schon einmal für Jaspers zitiert hatte: »Dies ist nun alles und ist
nicht genug / doch zeigt es Euch vielleicht, ich bin noch da …«2
Den Lesern im zerstörten Deutschland zeigte das Buch, dass Arendt »noch
da« war; sie sprach aus der Ferne, wird nicht zurückkehren in das Land, aus
dem sie 1933 geflohen war. Auch wenn die einzelnen Essays im Hin und Her
zwischen dem Englischen und dem Deutschen entstanden waren, blieb das
Buch in einer Sprache. Nie war eine englische Ausgabe geplant. Das »Büchlein«,
wie Arendt es in ihrer »Zueignung« an Karl Jaspers nannte, war an
eine deutsche Leserschaft adressiert. Dem »lieben Verehrtesten« teilte die
Verfasserin gleich zu Beginn mit, dass sie als »Jude« spreche. »Unter den
Bedingungen der Sintflut« wandte sie sich an Leser, die anerkennen, dass sich
»der Boden der Tatsachen« nach dem Mord an den europäischen Juden in
einen »Abgrund« verwandelt hat.3
Hannah Arendts zweites Buch, fast zwanzig Jahre nach ihrer Dissertation über
Augustinus erschienen, ist einem dieser Momente zu verdanken, in denen
eine
Ablehnung zu etwas Gutem führt. Anfang Juni 1946 schickte Arendt
einen langen
Aufsatz mit dem Titel »Was ist Existenz-Philosophie?« nach Deutschland.
Die Redaktion der Zeitschrift Die Wandlung, von Karl Jaspers zusammen mit
Dolf Sternberger, Alfred Weber und Werner Krauss in Heidelberg herausgegeben,
konnte sich nicht entschließen, den Text zu veröffentlichen. Und dies
trotz der Tatsache, dass sie Arendt zur Mitarbeit eingeladen und bereits zwei
Aufsätze von ihr publiziert hatten.4 Jaspers war verärgert: »Ihren Aufsatz über Existenzphilosophie in der ›Partisan Review‹, dessen deutsches Original Sie mir
geschenkt haben, wollte ich in der ›Wandlung‹ veröffentlichen. Die gesamte Redaktion
und der Verleger waren dagegen: zu schwer für unser Publikum! (bitte
dies ganz vertraulich). Aber der treffliche Verleger L. Schneider wollte Ihren
Aufsatz als selbständige Broschüre bringen für den Kreis der philosophisch
interessierten Deutschen. Er wollte Ihnen deswegen schreiben.5 Es liegt Monate
zurück. Ich habe nichts wieder gehört und ergreife keine Initiative mehr, wollte
Sie aber doch informiert haben.« (18. September 1946; AJa, 94).
Als im Herbst weitere Aufsätze von Arendt eintrafen, kam wohl Dolf
Sternberger die entscheidende Idee. Am 11. Oktober 1946 schrieb er an
Jaspers, dass Arendt zwei »deutsche Originalfassungen«6 geschickt habe,
und ein englischer Vortrag über Franz Kafka solle schnell übersetzt werden:
»Wenn wir zu diesen dreien die ›Organisierte Schuld‹, den Aufsatz ›über den
Imperialismus‹ und denjenigen über die Existenzphilosophie fügen, so könnte
ein ganz ansehnlicher Band entstehen, der die vielfältige Thematik von
Hannah
Arendts Denken und Schreiben zeigt.« (JaPU, 658).
Der Verleger war damit einverstanden, nicht nur den abgelehnten Aufsatz,
sondern die genannten sechs Essays als Buch zu veröffentlichen: »Ich freue
mich für uns, daß Lambert Schneider Ihre gesammelten Aufsätze – die in der
›Wandlung‹ gedruckten und die nicht gedruckten – als Buch herausbringen
will. Das wird ein Essay-Band, der sich sehen lassen kann, innerhalb der noch
recht dürftigen, wenn auch schon fast massenhaften deutschen Produktion«,
schrieb Jaspers am 19. Oktober 1946 (AJa, 98).
Ein Buch zu produzieren, war damals nicht einfach; der Verlag hatte Schwierigkeiten,
Papier und Ersatzteile für die Druckmaschinen zu bekommen. Es
sollte daher noch lange dauern, bis die Sechs Essays erscheinen konnten. Im
Mai 1947 hatte die Produktion begonnen, wie aus einem Brief Sternbergers an
Arendt hervorgeht: »Ihr Buch ist jetzt im Satz, nachdem Ihre letzten Korrekturen
eingegangen waren und berücksichtigt worden sind. Ich denke, dass es
nächsten Monat wird herauskommen können. Wir sind hier alle sehr begierig
darauf, das opus bald in Händen zu halten, und für mich ist es geradezu eine
Herzensangelegenheit.«7 Auch wenn das Impressum den »Januar 1948« als Erscheinungstermin
angibt, wurde der Band erst zwei Monate später ausgeliefert:
»Das Buch mit den sechs Essays ist endlich fertig und ich denke, Sie werden
Ihre Belegexemplare bald in Händen haben«, so Sternberger am 12. März.8
Was Arendt ein paar Wochen später in Händen hielt, war zwar ein »Büchlein«
in der »eigenen Sprache«, doch geplant und strukturiert hatte es die
Verfasserin nicht. Die Anordnung der Texte im Band stammt mit großer
Wahrscheinlichkeit von Sternberger und nur den Aufsatz über Franz Kafka
arbeitete Arendt für diese Veröffentlichung noch einmal um. Die anderen
wurden so nachgedruckt, wie sie in der Zeitschrift erschienen waren.
Wie viele der 4000 gedruckten Exemplare verkauft wurden, ist nicht bekannt.
Lambert Schneider habe – wie Jaspers später schrieb – nicht viel für
das Buch getan.9 Doch das »Büchlein« fand seine Leser. In den wichtigen
überregionalen Zeitungen wurde es besprochen, wie fünf Rezensionen zeigen,
die im Archiv der Wandlung überliefert sind. »Das Symbol der Zeit«
ist Hans Blumenbergs Rezension in der Berliner Ausgabe der Welt überschrieben:
»Wie war es möglich, daß in der vergangenen Epoche nicht der
gemeingefährliche Gewohnheitsverbrecher, der asoziale Außenseiter in der
Organisation des Mordes eingespannt und zum Vollstrecker ihrer Aktionen
wurde, sondern der ›biedere‹ Bürger, der ›Familienvater‹? Ahrendt [sic] […]
entwickelt ihre Erklärung für dieses unfaßbare Paradox aus der Erscheinung
des Paria, die in einem totalitären System gerade in dem Spießbürger und
dem Familienvater ihre moderne Auferstehung erlebt. Gerade ihn treibt die
beständige Bedrohung der elementaren Existenz und des nackten Daseins
– nicht nur seiner selbst, sondern auch seiner Familie – zum verzweifelten
Gehorsam, zur moralischen Bedingungslosigkeit und zur Mißachtung der
Schuld, sie treibt ihn in jene Situation des Paria, die nur noch die Wahl hat,
dienlicher Gegenstand oder überhaupt nicht zu sein.«10 Während Blumenbergs
Besprechung ein halbes Jahr nach Erscheinen des Buches veröffentlicht wurde, ließen die anderen Rezensionen auf sich warten. In der Neuen
Zeit, dem Zentralorgan der Christlich-Demokratischen Union Deutschlands
(DDR), war erst im Mai 1949 eine Rezension zu lesen. Arendts »in der Emigration
erschienene Essays über die geistigen Hintergründe des Nazismus«
hätten »so viel Aufsehen erregt, daß sich bereits eine ganze Literatur mit
ihnen beschäftigt«, so heißt es hier. Auch der Verfasser dieser Rezension findet
ein Thema, um das alle Aufsätze kreisten: »das Pariatum, das aus einem
spezifisch jüdischen heute zu einem soziologischen Weltproblem geworden
ist.«11 Im März 1950, zwei Jahre nach Erscheinen des Buches, veröffentlichte
die Allgemeine Wochenzeitung der Juden in Deutschland eine kurze
Besprechung: Nicht »weltanschauliche, sondern Wahrheitsfragen« behandle
die Autorin; sie zeige das Handeln der »Individuen in der wirklichen menschlichen
Gemeinschaft«.12 Für Helmut Kuhn, wie Arendt aus Deutschland
geflohen – er lehrte damals an der Emory University in Atlanta –, drehten
sich die Essays um »the Jewish question as it developed in consequence of
the emancipation of the Jews and the German question as seen in the light of
the catastrophe of 1933 to 1945. These two problems are closely interrelated
and they belong both in the same wider context, manifesting as they do the
crisis of our modern civilization.«13 So unterschiedlich die einzelnen Essays
seien, sieht auch Erich Müller-Gangloff in »ihrer Grundthematik gleichwohl
ein innerlich zusammengehöriges Ganzes«: Arendts Denken sei »eine sehr
nahe und echte Beziehung zur Wirklichkeit eigen.«14
Die Sechs Essays wirkten – zusammen mit späteren, ebenfalls in der Wandlung
erschienenen Artikeln – lange nach: »Jedesmal, wenn ich zum Schreiben
ansetzte, Telefon oder junge Männer mit teils Rosen, teils Veilchen – zum
Dank für die Artikel in der ›Wandlung‹«, schrieb Arendt am 9. Dezember
1955 aus Hamburg an Heinrich Blücher (ABlü, 437). Zweimal sollte das
Buch wieder aufgelegt werden: Mitte der 1960er Jahre wollte Klaus Wagenbach
die Essays in seinem neugegründeten Verlag herausbringen. Zehn Jahre
später schlugen Karsten Witte und Uwe Johnson dem Verleger Siegfried
Unseld eine Neuauflage bei Suhrkamp vor. Dort erschien Die verborgene Tradition, auf Acht Essays erweitert, im Frühsommer 1976, wenige Monate
nach Arendts Tod.
II. Schreiben als »Zurückkommen«. Arendts Mitarbeit bei der Wandlung
Im Herbst 1945 kam Melvin Lasky, damals Soldat in der US-amerikanischen
Armee, nach Heidelberg und besuchte Gertrud und Karl Jaspers: »Was bringt
er von Ihnen! Schon das zweite Mal. […] Von Ihnen zu hören, von Ihnen Aufsätze
zu lesen, denen man ganz zustimmte, war schön«, so Karl Jaspers am
28. Oktober (AJa, 57-58). Schon im nächsten Brief fragte er, ob Arendt für die
Wandlung »einen Aufsatz schreiben« würde. »Worüber, das stände bei Ihnen.
Ob Sie etwas aus dem schreiben könnten, was uns – ich meine Amerikaner
und Europäer und darunter auch Deutsche – wirklich über alle Schranken hinweg
verbindet? Oder lieber ein gegenständliches Thema, etwa – wonach man
hier begehrt – informatorisch über amerikanisches Philosophieren in dieser
Zeit?« (2. Dezember 1945; AJa, 61-62) »Ihre Aufforderung, mitzutun«, habe
sie »ungeheuer gefreut«, antwortete Arendt am 29. Januar 1946. »Und wie
glücklich ich wäre, könnte ich einfach schreiben und schicken. Mir scheint,
keiner von uns kann zurückkommen (und Schreiben
ist doch eine Form des
Zurückkommens), nur weil man nun wieder bereit scheint, Juden als Deutsche
oder sonst was anzuerkennen; sondern nur wenn wir als Juden willkommen
sind. Das würde heißen, daß ich gerne schreiben würde, wenn ich als Jude
über irgendeinen Aspekt der Judenfrage schreiben kann«. (AJa, 67-68)
Die Kriterien für die Auswahl von Texten, die Arendt nach Deutschland
schickte, war damit vorgegeben. Auch pragmatische Überlegungen spielten
eine Rolle: Bis auf den Aufsatz über Franz Kafka reisten nur Arbeiten über
den Atlantik, die Arendt auf Deutsch geschrieben hatte. Umgekehrt wählte
Arendt durchaus nicht alle Essays aus, die sie in ihrer Muttersprache verfasst
hatte. Eine siebzigseitige Arbeit über »Ausnahmejuden«, im Frühjahr 1943
entstanden, bot sie den deutschen Freunden auch nicht in Auszügen zur Veröffentlichung
an.
Warum und wie sie auf Deutsch und in Deutschland publizierte, war
genau überlegt. Als Milton Konvitz, Professor für Rechtswissenschaft an
der Cornell University, sie in einem nicht überlieferten Brief fragte, welche
»convictions« sie in ihrem Verhältnis zum Land ihrer Herkunft leiteten,
antwortete sie: »I started publishing in Germany rather early after the end
of the war, but not out of ›conviction‹, but out of friendship for Jaspers and
an old friend of mine from our students’ days who together started a new
magazine and wanted me to help. And that did it, so to speak. The only thing I’d like to insist upon is that friendship is more important than convictions
and principles and that loyalty to one’s friends comes before almost anything
else.«15 (30. Januar 1959)
Der erste Text, den Arendt im Sinne dieser so tief politisch verstandenen
Freundschaft an Jaspers schickte, war die deutsche Fassung von »Organisierte
Schuld«. Jaspers erhielt ihn im Dezember 1945. Damit begann ein kurzes
Jahr äußerst produktiver Zusammenarbeit mit der Wandlung. Alle Texte,
die schließlich in den Sechs Essays gesammelt wurden, landeten in den folgenden
Monaten bei der Redaktion, der letzte im Oktober 1946. Erst kam
der über »Existenz-Philosophie«, dann »Imperialismus«, gefolgt von »Franz
Kafka. A Revaluation«, dem Stefan-Zweig-Essay sowie der »Verborgenen
Tradition«.16 In der Folge schrieb Arendt nur noch sporadisch für die Wandlung.17 Im Herbst 1949 wurde die Zeitschrift eingestellt.
III. Wechselspiel der Sprachen
Die Essays, die in der Wandlung und im Buch veröffentlicht wurden, zeigen
nur einen kleinen Ausschnitt aus der Vielfalt von Arbeiten, die Arendt in
den ersten New Yorker Jahren veröffentlichte. Im Mai 1941 war sie in den
USA angekommen, im Jahr darauf erschien der erste Aufsatz in englischer
Sprache. In den nächsten fünf Jahren publizierte Arendt zwanzig Aufsätze
zu den unterschiedlichsten Themen in acht verschiedenen Zeitschriften und
dazu viele Rezensionen sowie Kolumnen im New Yorker Aufbau.18 Die
Sechs Essays präsentieren nur ein Viertel dieser Arbeiten; das Buch, an dem
sie damals schon arbeitete, wird in dieser Zusammenstellung von Texten
nicht sichtbar: Erst hatte es den europäischen Antisemitismus zum Thema,
dann den Imperialismus, bevor es schließlich zum dreiteiligen The Origins of
Totalitarianism wurde.
Sechs Essays in Deutschland – und in den USA sechs sehr unterschiedliche
Publikationsgeschichten der englischen Fassungen.19 Sie zeigen, wie Arendt
in den ersten Jahren des amerikanischen Exils versuchte, eine Stimme in der
noch so fremden Sprache zu finden – und Geld zu verdienen. Vieles lässt
sich nicht mehr rekonstruieren. Nicht alle Zeitschriften, in denen Arendt
damals publizierte, haben Typoskripte und Briefwechsel archiviert; auch ihre
eigenen Korrespondenzen bewahrte Arendt noch nicht systematisch auf. Da
die meisten Redaktionen in New York saßen, wurde sicher vieles telefonisch
abgesprochen und hinterließ daher keine schriftlichen Spuren.
Die englischen Erstveröffentlichungen, nach dem Erscheinungsdatum geordnet,
ergeben folgendes Bild: Der älteste in den Sechs Essays präsentierte
Text, eine Lektüre von Stefan Zweigs Autobiographie, erschien im Menorah
Journal. Der nächste, ein Vortrag über Franz Kafka, stand am Beginn einer
langen Zusammenarbeit mit Partisan Review. Bis in die 1960er Jahre veröffentlichte
Arendt in dieser Zeitschrift, darunter auch den jüngsten der im
deutschen Buch gesammelten Essays, »What is Existenz Philosophy?« »The
Jew as Pariah. A Hidden Tradition« war Arendts zweite Publikation in den
Jewish Social Studies, damals von Salo Baron herausgegeben; »Organized
Guilt« bildete den Auftakt der Zusammenarbeit mit Jewish Frontier und der
Aufsatz über den »Imperialism« mit Commentary.20
In kürzester Zeit war Arendts Stimme in einer Vielfalt von Zeitschriften
vernehmbar geworden. Am Anfang stand wahrscheinlich ein Brief von Ismar
Elbogen, vor seiner Emigration Herausgeber der Zeitschrift für die Geschichte
der Juden in Deutschland, in der Arendts Aufsatz »Aufklärung und Judenfrage
« erschienen war. Dieser Brief öffnete die Tür zur ersten dieser liberalen,
meist jüdischen Zeitschriften, in denen Arendt damals veröffentlichte. Am
23. Oktober 1941 schrieb Elbogen an Salo Baron: »Dear friend, may I
introduce Dr Hanna Arendt, formerly of Berlin who was a contributor to
the Zeitschrift für Geschichte der Juden in Deutschland and was honorably
mentioned by you in your present book. She left Germany in 1933 and lived
in Paris. She has prepared some manuscripts on sociological topics which
will be of interest to you.«21 Im November bat Arendt Salo Baron um einen
Termin: »I studied Philosophy with Husserl, Heidegger and Jaspers,« so
stellte sie sich vor: »I published one book on Augustin and numerous articles
on historical and Jewish problems.« Gerade arbeite sie an einer »history of modern European anti-Semitism«.22 Ein paar Monate später wurde sie von
Baron an Henry Hurwitz, den Herausgeber von Menorah empfohlen, wie
ihr Brief an diesen vom 28. Mai 1942 zeigt. Die Kontakte zu den anderen
Zeitschriften kamen wohl ebenfalls über Empfehlungen zustande, und bald
brauchte Arendt diese Hilfe nicht mehr.
Ihre finanzielle Lage sollte noch lange prekär bleiben. Für »Zionism Reconsidered«
bekam Arendt ein anständiges Honorar;23 bei den anderen Aufsätzen
wissen wir nicht, ob und wie sie bezahlt wurden. An Salomon Adler-Rudel
schrieb sie, einen Aufsatz habe sie nur zum Geldverdienen verfasst;
welcher es war, geht aus dem Brief nicht hervor: »Apart from those things
which I enjoy doing, I did some small and well-paid assignments which are
not worth mentioning them. And then, all swelled up, I sat down and decided
to do some writing only for money — and out came the very first article with
which I could not earn a penny. What taught me a well-deserved lesson. I
never got ›adjusted‹ to anything in my life — so why was I foolish enough to
try it? Probably lack of money, or mere greed.«24
Ein Brief auf Englisch, geschrieben, als Arendt mitten im Wechsel der
Sprachen war. Ob sie denn selbst übersetzen werde, fragte Henry Hurwitz,
als er die »Ausnahmejuden« bekam. Das hoffe er doch sehr, denn mit professionellen
Übersetzern aus dem Deutschen habe seine Zeitschrift keine guten
Erfahrungen gemacht. Der Brief schließt mit einer Ermunterung: »Above
all, however — if I may say so — I think it’s important for yourself to secure
greater and greater facility in English for your own career in this country. Of
course, I shall be glad to help you.« (4. März 1943)
Wahrscheinlich ist der Vortrag über Franz Kafka einer der ersten Texte,
den Arendt auf Englisch geschrieben hat. Der Wechsel der Sprache war nicht
von heute auf morgen zu vollziehen, daher schrieb Arendt in den folgenden
Jahren noch öfter auf Deutsch, auch wenn sie sich an eine amerikanische
Öffentlichkeit wenden wollte. Dem wiederum sind die Publikationen
in Deutschland zu verdanken; von fünf der sechs Essays gab es deutsche
Fassungen, obwohl keiner dieser Texte an Leser in dem zerstörten Land
adressiert war. Nicht immer ließ sich rekonstruieren, wer Arendt damals bei den englischen Arbeiten geholfen hat. Oft waren es wohl die Herausgeber der
Zeitschriften, die selbst Hand anlegten: »You offered me your help for my
rather broken English and you will see that I need it rather badly«, schrieb
Arendt am 10. August 1942 an Henry Hurwitz, dem sie gerade ihren Aufsatz
»We Refugees« geschickt hatte.25 Das Typoskript der »Jews of Exception«
im Archiv der Zeitschrift zeigt extensive Bearbeitungen von Hurwitz’ Hand.
Nur bei »What is Existenz Philosophy« gab sich später der Übersetzer zu
erkennen; im Erstdruck wurde nichts Entsprechendes vermerkt.26
IV. Auf der Suche nach einer »inneren Konzeption«
Die Debatte zog sich über zwei Jahre hin. Dann wurde der Plan fallen gelassen,
aus Gründen, an die sich der Verleger nicht mehr erinnern kann.27 Klaus
Wagenbach, der sich gerade vom Fischer Verlag getrennt und einen eigenen
Verlag gegründet hatte, wollte die Sechs Essays in leicht veränderter Form
wieder auflegen. Am 5. Juni 1964 schrieb er an Arendt: »Seit meiner Arbeit
an der Jugendbiographie Kafkas (die dann 1958 erschien) waren mir nun Ihre
›Sechs Essays‹ vertraut und – besonders die letzten drei – hilfreich. Ich möchte
Sie deswegen fragen, ob Sie über die Rechte an ihnen noch verfügen können
und es Ihnen denkbar schiene, eine Lizenz daran zu vergeben – ich würde
besonders an die drei Essays ›Über den Imperialismus‹, ›Organisierte Schuld‹
und ›The Jew as Pariah‹ denken, vielleicht auch an die kritische Betrachtung
der ›Welt von Gestern‹. Es ergäbe dies einen Band, wie ich mir ihn für das,
was die Textsammlung leisten sollte, sehr wünschen würde, einen Band
auch, der gewiss in der richtigen Umgebung erschiene, über die ich Ihnen
im Herbst gerne genau schreiben kann, ebenso wie man sicherlich über eine
mögliche Modifikation des Bandes, beispielsweise mit der Aufnahme eines
oder zweier der im ›Merkur‹ erschienenen Aufsätze, diskutieren könnte. Ich
möchte Sie vorerst nur um Ihre Meinung zu meinem Vorschlag bitten und
um die Mitteilung der rechtlichen Möglichkeiten, innerhalb derer er realisierbar
wäre.«28 Zwei der Sechs Essays fehlen in Wagenbachs Liste: der zur
Existenzphilosophie und – was verwunderlich ist – der Aufsatz über Kafka,
der das Buch beschließt.
Der Band sei auf »sehr eigentümliche Weise zustande gekommen«, antwortete
Arendt am 16. Juli 1964, »zu einer Zeit als briefliche Verbindung
mit Deutschland noch recht schwierig war. […] Was die ›Organisierte Schuld‹
anlangt, so ist mir dabei heute nicht ganz wohl. Ich schrieb den Aufsatz während
des Krieges und grosser Deutschen-Hetze für eine jüdische Zeitschrift.
Jaspers und Sternberger wollten ihn dann in der deutschen Fassung für die
Wandlung. Ich würde heute so nicht mehr schreiben – ohne dass ich direkt
widerrufen müsste. Was ich nicht vorhergesehen habe, war die Adenauer-Regierung
mit ihrer ja ganz unglaublichen Grosszügigkeit gegen wirklich
schwer Belastete. Falls man den Aufsatz nochmals druckt, müsste ich dazu
eine Vorbemerkung schreiben. Ansonsten scheint mir Ihre Auswahl sehr
vernünftig. Bei dem Imperialismus-Aufsatz müsste man zusehen, wieweit er
sich mit Kapiteln in meinem Buch über totale Herrschaft überschneidet. Was
den Pariah-Essay anlangt, so hat mich immer schon gestört, dass der Grösste
von ihnen allen, nämlich Heine nicht einfach allein abgehandelt wird oder
doch wenigstens im Mittelpunkt steht. Ausserdem gebe ich zu bedenken, dass
Chaplin sich hartnäckig weigert, Jude zu sein. Er möchte lieber von Zigeunern
abstammen. Und warum auch nicht?«
»Auf Chaplin würde ich ungern verzichten«, so Wagenbach am 18. August
1964, »– wer würde nicht gern von Zigeunern abstammen? Aber dieser
– übrigens charakteristische – Wunsch Chaplins (eine Pariah-Phantasie des
Pariah förmlich) ändert an dem, was Sie schreiben, nichts.«
An den Weihnachtstagen habe sie sich „schliesslich doch entschlossen,
mir die alten Essays anzusehen, um zu sehen, was für eine Veröffentlichung
in Frage kommt«, schrieb Arendt am 28. Dezember 1964. Sie schlägt vor,
den Imperialismus-Aufsatz wegzulassen und dafür den zweiten Kafka-Text
hinzuzufügen: »Mir scheint es sinnlos und auch irgendwie unrecht, diese
Essays, die ich so heute weder schreiben würde noch könnte, zu verändern.
Ich würde also eine Vorrede schreiben, in welcher ich andeuten könnte, was
mir an diesen Dingen heute fragwürdig erscheint.«
Mit der Suche nach einer »innere[n] Konzeption […], die die ›Sechs Essays‹
eigentlich nicht haben, auch nicht haben wollen,« kündigt sich das Scheitern
des Projektes an. Man müsse die »Vorstellung eines förmlich amputiert wiederauferlegten
Bandes« aufgeben und ein neues Konzept entwickeln, heißt
es in Wagenbachs Brief vom 4. April 1965. »Sie haben recht, dass die sechs
Essays keine ›innere Konzeption‹ haben«, antwortete Arendt am 7. Mai
1965. »Die Publikation kam ganz und gar zufällig zustande, es handelt sich
nicht um eine von mir zusammengestellte Sammlung. Ich schickte Ende 1945,
als ich mit Jaspers zum ersten Mal wieder in Kontakt kam, willkürlich was
immer ich an deutschen Essays herumliegen hatte nach Heidelberg, um ihm zu zeigen, was ich inzwischen getrieben hatte und was ich ungefähr dachte.
Dann wurden diese Essays teilweise von ›Der Sammlung‹ [sic] publiziert und
schliesslich herausgegeben. Mir war alles recht, aber ich habe mich völlig
passiv verhalten. Das einzige, was ich für die Sache tat, war der Einleitungsbrief.«
Als Titel für einen neu konzipierten Band schlägt Wagenbach Literatur
und Politik vor, was Arendt ablehnt: »Auf keinen Fall aber können wir den
Obertitel ›Literatur und Politik‹ verwenden. Der ist viel zu anspruchsvoll
und trifft auch nicht eigentlich. […] Sagen Sie mir erst, was Sie von meinem
Vorschlag ›Vor 20 Jahren‹ halten. Ich würde natürlich ein dementsprechendes
Vorwort schreiben. Wenn Sie absolut dagegen sind (Aber bitte überlegen Sie
sichs), könnte ich den Band noch mit einem längeren Brecht-Essay vermehren,
der bisher nur auf englisch vorliegt und im NEW YORKER erscheinen
wird. Da entsteht wieder die Schwierigkeit der Übersetzung. Ich werde es auf
keinen Fall tun können, und ob Sie einen fähigen Übersetzer finden können,
halte ich nach den betrüblichen Erfahrungen meinerseits für fraglich.« »›Vor
20 Jahren‹, das habe ich hin und her überlegt«, antwortete der Verleger: »Ich
glaube, dass Sie auf die Redlichkeit der Überlegung vertrauen dürfen, zumal
meine Reserve gegen Titel und Zusammenstellung, wie ich zugeben muss,
Gründe haben, in denen Sachliches und Persönliches gemengt ist. Ich sehe
mich, mit allen Einschränkungen und Nachteilen, durchaus als ›gegenwärtiger‹
Verleger, das wäre das Persönliche, und sachlich wäre zu bedenken,
ob man schon mit diesem Titel – der als Untertitel mir durchaus denkbar
schiene, für einen Teil des Bandes – nicht die bequemen Wege des ›escapism‹
bereitet, die wir beide nicht wollen. Vor 20 Jahren, das wäre für viele zu verlockend,
den Vergleich zu ziehen, die schöne Summe, wie weit wir es gebracht
haben« (4. April 1965).
Im Jahr darauf flog Wagenbach zur Tagung der Gruppe 47 nach Princeton,
im Mai traf er mit Hannah Arendt in Chicago zusammen; danach wurde
das Vorhaben nicht mehr verfolgt.
V. Die verborgene Tradition
»Zum Schluß ein Vorschlag für die Bibliothek Suhrkamp«, schrieb Karsten
Witte am 21. Januar 1974 an Siegfried Unseld: »Hannah Arendt, Sechs
Essays, zuerst und einzig erschienen (soweit ich weiß) in Heidelberg 1948,
Schriften der Wandlung, herausgegeben von Dolf Sternberger. Mir ist nicht
bekannt, warum die Autorin, auch bei ihrem Verlag (Piper?) diese Essays nie
wieder vorlegte. Vielleicht wären sie um einige, noch unpublizierte zu ergänzen. […] Ich meine, diese Essays wären im Programm der BS, neben Scholem
und Kraft zum Beispiel, gut aufgehoben.«29 Es dauerte dann noch zweieinhalb
Jahre, bis die Idee umgesetzt wurde. Wobei die Neuauflage nicht in der
Bibliothek Suhrkamp erschien, sondern als Suhrkamp Taschenbuch. Unseld
reagierte schnell und bat drei Tage später Uwe Johnson, »eine Zeile an Frau
Arendt« zu schreiben und zu fragen, »was sie dazu meint?«30 »Heute bin ich
gebeten worden, Ihnen einen Brief zu schreiben«, so Johnson am Tag darauf
an Hannah Arendt; er solle fragen, ob »Sie einer neuen Veröffentlichung dieser
Essays wohlmeinend ins Auge blicken« würden? (AJoh, 108-109)
»Die sechs Essays könnt Ihr gerne haben«, antwortete Arendt am 12. Februar
1974, »wobei ich allerdings den Aufsatz ›Was ist Existenzphilosophie?‹
gerne ganz herausnehmen möchte, auf jeden Fall den Abschnitt über
Heidegger.
Ich habe diese Texte nie wieder drucken lassen, und nachdem ich
sie mir jetzt nach 30 Jahren nochmal angesehen habe, scheint mir, dass das
doch ganz gut möglich ist.« Als Ersatz für den herausgenommenen Aufsatz
schlug sie »Zionism Reconsidered« sowie »Aufklärung und Judenfrage« zur
Aufnahme in den Band vor, würde aber gerne Johnsons »Meinung« dazu
hören. (AJoh, 114-115) Johnson antwortete ausführlich und will »Suhrkamp
zur Erweiterung des geplanten Bandes durch diese beiden Sachen raten«.
(AJoh, 120)
Danach passierte monatelang nichts. »Gerade fällt mir noch die Suhrkamp-Geschichte
ein. Entsinnen Sie sich noch? Es handelte sich um einen
alten Essay-Band von mir. Ich habe nie etwas von dem Verlag gehört und
nehme also an, dass die es sich anders überlegt haben. Nach all dem einfach
nicht zu antworten, scheint mir – unhöflich, to put it mildly,« so Arendt im
August 1974. (AJoh, 133) Johnson tippte die Passage sofort ab und schickte
sie am 30. August an Unseld.31 Und wieder passierte nichts, weshalb sich
Johnson am 18. Dezember noch einmal beschwerte.32
Erst im Jahr darauf kam Bewegung in die Sache. Am 10. März 1975
schrieb Gottfried Honnefelder, damals Lektor beim Suhrkamp Verlag, dass
»die beiden separaten Aufsätze uns für eine gemeinsame Ausgabe mit den
anderen sehr geeignet scheinen.«33 Im Mai schickte Arendt ein korrigiertes
Exemplar der Sechs Essays an den Verlag, das sich im Suhrkamp Archiv nicht
erhalten hat. »As to the title«, so heißt es im Begleitbrief, »I’m very bad on titles and as a provisional title I would propose: Aus der Welt von Gestern.
Perhaps somebody has a better idea.« Und zu der Frage, ob es ein Vorwort
oder eine neue Einleitung geben solle, bemerkte sie: »Dolf Sternberger strikes
me as a very good idea if he agrees since he was the editor of the magazine
in which, I think, all these essays appeared. I myself may then just add a few
lines drawing the attention of the reader to the fact that these essays really
come somehow from a world long, long ago.«34 »Sie machten den Vorschlag,
unseren Band ›Aus der Welt von Gestern‹ zu nennen, doch scheint mir, daß
Ihre Aufsätze gerade das nicht sind«, antwortete Honnefelder am 19. Juni
1975. »Wir würden den Band doch lieber ›Die verborgene Tradition‹ nennen.
Sind Sie damit einverstanden?«35 Auf diesen Brief ist keine Antwort überliefert;
wahrscheinlich gab Arendt ihr Einverständnis, als Honnefelder sie in
den nächsten Wochen an ihrem Ferienort Tegna besuchte. Die Fahnen konnte
sie nicht mehr lesen. Das Buch erschien ohne die »few lines«, die Arendt
schreiben wollte, und auch ohne ein Vorwort von Dolf Sternberger. Siegfried
Unseld hatte ihn Anfang Juni 1975 gefragt, ob er einen kurzen Einleitungstext
schreiben könne, was Sternberger postwendend ablehnte, weil er, wie es
in seinem Antwortbrief schrieb, »schlechterdings keine Zeit dazu finde.«36
Als Arendt davon erfuhr, schrieb sie ihrem alten Freund: »Ein gewisser Herr
Honnefelder hat mir auch mitgeteilt, dass Du die Strafe gleich hast auf dem
Fusse folgen lassen. Da müssen ja doch meine Sünden sehr erheblich sein.«37
Das waren wohl Arendts letzte Worte zu diesem Buch. Als es erschien, war
sie schon nicht mehr »da«.
AJa, 60. Arendt kannte das damals noch unveröffentlichte Gedicht aus der Brecht-Mappe,
die sich in ihrer Bibliothek findet; vgl. Hahn / Knott. Von den Dichtern, 210-217.
Brief vom 12. März 1948. CG. In der Folge schreibt Sternberger über das Honorar für
den Band: »Damit ich nun Ihre freundliche Vollmacht recht versehen kann, wüsste ich gerne
möglichst umgehend, was ich mit dem für Sie eingehenden Honoraranteil – 10 %
des Ladenpreises, der RM 3.20 beträgt – anfangen soll. Wir haben gestern im Kreise
der Herausgeber eingehend mit dem Verleger über die Frage des Preises verhandelt. Es
stand der Preis von 3.20 mit 10 % Autorenanteil und der Preis von DM 4.00 bei 15 %
Autorenanteil zur Wahl. Da hier alle derartigen Ueberlegungen, namentlich jetzt, unter
dem Damoklesschwert der Währungsreform angestellt werden, so entschloss man sich
schliesslich zu dem billigeren Preis im Interesse eines kontinuierlichen Verkaufs auch
nach der Geldoperation. Namentlich der kluge Bankierssohn Karl Jaspers war es, der
diesen Gesichtspunkt in den Vordergrund rückte und Ihr Interesse an solchem stetigem
Vertrieb höher einschätzte als Ihr Interesse an dem Honoraranteil in Reichsmark. Ich
hoffe, wir haben es so recht gemacht.«
»Lambert Schneider versteht sich nicht auf Propaganda«, so heißt es in Jaspers’ Brief
vom 23. August 1952. »Das hat mir bei Ihren Essays immer sehr leid getan. Wir wußten
das nicht, als wir alle damals bei ihm druckten.« AJa, 232.
»Das Symbol des Paria. Sechs Essays von Hannah Ahrendt«. Die Welt. Nr. 135 vom
16. November 1948, 4. Die Rezension wurde von »Bb.« gezeichnet, dem Kürzel von
Hans Blumenberg. Zusammen mit Blumenbergs Exzerpten aus Arendts Aufsatz wurde
sie nachgedruckt in: Hans Blumenberg. Rigorismus der Wahrheit. ›Moses der Ägypter‹
und weitere Texte zu Freud und Arendt. Hg. von Ahlrich Meyer. Berlin 2015, 71-75.
»Hannah Arendt. Sechs Essays.« Allgemeine Wochenzeitung der Juden in Deutschland.
4. Jg. 3. März 1950, 7. Den Verfasser – »cgm«. – konnten wir nicht identifizieren.
Helmut Kuhn. »Hannah Arendt. Sechs Essays.« German Books. A Selective Critical Bibliography
of Publications in German. Bd. II. 1. März 1949, 2-3. Diese Sammlung von
Kurzrezensionen wurde »five times a year by the Department of Germanic Languages
and Literatures at the University of Chicago« herausgegeben.
Ein weiterer Aufsatz, »The Seeds of a Fascist International«, den Arendt geschickt hatte,
wurde nicht in der Wandlung veröffentlicht. Er »macht uns Kopfzerbrechen«, schrieb
Jaspers Ende Juni 1946. »Ich schreibe Ihnen, was ich auch Sternberger sagte: Erste
Reaktion:
So etwas müssen wir drucken.« AJa, 80. Heinrich Blücher, so schrieb Arendt
am 17. August 1946 in ihrer Antwort, »wußte nb. nicht, daß ich den Artikel geschickt
hatte, und war ganz entsetzt über soviel Dummheit.« AJa, 92.
Es erschienen noch drei Aufsätze, die später alle in EuU eingearbeitet wurden:
»Konzentrationsläger«, »Parteien und Bewegungen« sowie »Es gibt nur ein einziges Menschenrecht«.
Auf Arendts Briefen im Archiv des Menorah Journals finden sich Notizen, in denen es auch
um Geld geht: »We Refugees« wurde mit $ 40 honoriert; für »Zionism Reconsidered«
bekam Arendt $ 100, was heute ca. $ 1450 entspricht. »I can hardly tell you how much I
appreciate your kindness and your extreme solidarity in this matter«, schrieb Arendt in
ihrem Dankesbrief vom 8. März 1943. American Jewish Archive. Henry Hurwitz Papers.
Series A. General Files. Box 1, Folder 16.
In seiner Antwort schrieb Hurwitz, dass der Text »some improvement« brauche, »though
I must add that you need not to be ashamed of your English, which will undoubtedly
improve with practice.« Vgl. Anm. 23.
DLA. SUA: Suhrkamp /01 Verlagsleitung / Allgemeine Korrespondenz. Von Werner Kraft
war 1968 Franz Kafka: Durchdringung und Geheimnis in der Bibliothek Suhrkamp erschienen;
von Scholem die ersten drei Bände der Judaica.
Brief vom 22. Juni 1975. DLA. A: Wandlung. Zu diesen »Sünden« gehörte, dass Arendt
Sternbergers Buch über Machiavelli, das er ihr geschickt hatte, immer noch nicht gelesen
hatte.
Nachwort
I. Ein »Büchlein« in der »eigenen Sprache«
»Ein herrliches Buch!«, schrieb Karl Jaspers am 22. Mai 1948 über die Sechs Essays, die gerade erschienen waren. Postwendend kam Antwort aus den USA: »Wenn Sie den Essayband auch gedruckt noch mögen, ist gewiß alles gut. (Auch wenn ich selbst weiß: ›Dies ist nun alles und ist nicht genug.‹)«, so Hannah Arendt am 28. Mai.1 Ein »Emigrationslied« von Brecht spricht mit, das Arendt schon einmal für Jaspers zitiert hatte: »Dies ist nun alles und ist nicht genug / doch zeigt es Euch vielleicht, ich bin noch da …«2
Den Lesern im zerstörten Deutschland zeigte das Buch, dass Arendt »noch da« war; sie sprach aus der Ferne, wird nicht zurückkehren in das Land, aus dem sie 1933 geflohen war. Auch wenn die einzelnen Essays im Hin und Her zwischen dem Englischen und dem Deutschen entstanden waren, blieb das Buch in einer Sprache. Nie war eine englische Ausgabe geplant. Das »Büchlein«, wie Arendt es in ihrer »Zueignung« an Karl Jaspers nannte, war an eine deutsche Leserschaft adressiert. Dem »lieben Verehrtesten« teilte die Verfasserin gleich zu Beginn mit, dass sie als »Jude« spreche. »Unter den Bedingungen der Sintflut« wandte sie sich an Leser, die anerkennen, dass sich »der Boden der Tatsachen« nach dem Mord an den europäischen Juden in einen »Abgrund« verwandelt hat.3
Hannah Arendts zweites Buch, fast zwanzig Jahre nach ihrer Dissertation über Augustinus erschienen, ist einem dieser Momente zu verdanken, in denen eine Ablehnung zu etwas Gutem führt. Anfang Juni 1946 schickte Arendt einen langen Aufsatz mit dem Titel »Was ist Existenz-Philosophie?« nach Deutschland. Die Redaktion der Zeitschrift Die Wandlung, von Karl Jaspers zusammen mit Dolf Sternberger, Alfred Weber und Werner Krauss in Heidelberg herausgegeben, konnte sich nicht entschließen, den Text zu veröffentlichen. Und dies trotz der Tatsache, dass sie Arendt zur Mitarbeit eingeladen und bereits zwei Aufsätze von ihr publiziert hatten.4 Jaspers war verärgert: »Ihren Aufsatz über Existenzphilosophie in der ›Partisan Review‹, dessen deutsches Original Sie mir geschenkt haben, wollte ich in der ›Wandlung‹ veröffentlichen. Die gesamte Redaktion und der Verleger waren dagegen: zu schwer für unser Publikum! (bitte dies ganz vertraulich). Aber der treffliche Verleger L. Schneider wollte Ihren Aufsatz als selbständige Broschüre bringen für den Kreis der philosophisch interessierten Deutschen. Er wollte Ihnen deswegen schreiben.5 Es liegt Monate zurück. Ich habe nichts wieder gehört und ergreife keine Initiative mehr, wollte Sie aber doch informiert haben.« (18. September 1946; AJa, 94).
Als im Herbst weitere Aufsätze von Arendt eintrafen, kam wohl Dolf Sternberger die entscheidende Idee. Am 11. Oktober 1946 schrieb er an Jaspers, dass Arendt zwei »deutsche Originalfassungen«6 geschickt habe, und ein englischer Vortrag über Franz Kafka solle schnell übersetzt werden: »Wenn wir zu diesen dreien die ›Organisierte Schuld‹, den Aufsatz ›über den Imperialismus‹ und denjenigen über die Existenzphilosophie fügen, so könnte ein ganz ansehnlicher Band entstehen, der die vielfältige Thematik von Hannah Arendts Denken und Schreiben zeigt.« (JaPU, 658).
Der Verleger war damit einverstanden, nicht nur den abgelehnten Aufsatz, sondern die genannten sechs Essays als Buch zu veröffentlichen: »Ich freue mich für uns, daß Lambert Schneider Ihre gesammelten Aufsätze – die in der ›Wandlung‹ gedruckten und die nicht gedruckten – als Buch herausbringen will. Das wird ein Essay-Band, der sich sehen lassen kann, innerhalb der noch recht dürftigen, wenn auch schon fast massenhaften deutschen Produktion«, schrieb Jaspers am 19. Oktober 1946 (AJa, 98).
Ein Buch zu produzieren, war damals nicht einfach; der Verlag hatte Schwierigkeiten, Papier und Ersatzteile für die Druckmaschinen zu bekommen. Es sollte daher noch lange dauern, bis die Sechs Essays erscheinen konnten. Im Mai 1947 hatte die Produktion begonnen, wie aus einem Brief Sternbergers an Arendt hervorgeht: »Ihr Buch ist jetzt im Satz, nachdem Ihre letzten Korrekturen eingegangen waren und berücksichtigt worden sind. Ich denke, dass es nächsten Monat wird herauskommen können. Wir sind hier alle sehr begierig darauf, das opus bald in Händen zu halten, und für mich ist es geradezu eine Herzensangelegenheit.«7 Auch wenn das Impressum den »Januar 1948« als Erscheinungstermin angibt, wurde der Band erst zwei Monate später ausgeliefert: »Das Buch mit den sechs Essays ist endlich fertig und ich denke, Sie werden Ihre Belegexemplare bald in Händen haben«, so Sternberger am 12. März.8
Was Arendt ein paar Wochen später in Händen hielt, war zwar ein »Büchlein« in der »eigenen Sprache«, doch geplant und strukturiert hatte es die Verfasserin nicht. Die Anordnung der Texte im Band stammt mit großer Wahrscheinlichkeit von Sternberger und nur den Aufsatz über Franz Kafka arbeitete Arendt für diese Veröffentlichung noch einmal um. Die anderen wurden so nachgedruckt, wie sie in der Zeitschrift erschienen waren.
Wie viele der 4000 gedruckten Exemplare verkauft wurden, ist nicht bekannt. Lambert Schneider habe – wie Jaspers später schrieb – nicht viel für das Buch getan.9 Doch das »Büchlein« fand seine Leser. In den wichtigen überregionalen Zeitungen wurde es besprochen, wie fünf Rezensionen zeigen, die im Archiv der Wandlung überliefert sind. »Das Symbol der Zeit« ist Hans Blumenbergs Rezension in der Berliner Ausgabe der Welt überschrieben: »Wie war es möglich, daß in der vergangenen Epoche nicht der gemeingefährliche Gewohnheitsverbrecher, der asoziale Außenseiter in der Organisation des Mordes eingespannt und zum Vollstrecker ihrer Aktionen wurde, sondern der ›biedere‹ Bürger, der ›Familienvater‹? Ahrendt [sic] […] entwickelt ihre Erklärung für dieses unfaßbare Paradox aus der Erscheinung des Paria, die in einem totalitären System gerade in dem Spießbürger und dem Familienvater ihre moderne Auferstehung erlebt. Gerade ihn treibt die beständige Bedrohung der elementaren Existenz und des nackten Daseins – nicht nur seiner selbst, sondern auch seiner Familie – zum verzweifelten Gehorsam, zur moralischen Bedingungslosigkeit und zur Mißachtung der Schuld, sie treibt ihn in jene Situation des Paria, die nur noch die Wahl hat, dienlicher Gegenstand oder überhaupt nicht zu sein.«10 Während Blumenbergs Besprechung ein halbes Jahr nach Erscheinen des Buches veröffentlicht wurde, ließen die anderen Rezensionen auf sich warten. In der Neuen Zeit, dem Zentralorgan der Christlich-Demokratischen Union Deutschlands (DDR), war erst im Mai 1949 eine Rezension zu lesen. Arendts »in der Emigration erschienene Essays über die geistigen Hintergründe des Nazismus« hätten »so viel Aufsehen erregt, daß sich bereits eine ganze Literatur mit ihnen beschäftigt«, so heißt es hier. Auch der Verfasser dieser Rezension findet ein Thema, um das alle Aufsätze kreisten: »das Pariatum, das aus einem spezifisch jüdischen heute zu einem soziologischen Weltproblem geworden ist.«11 Im März 1950, zwei Jahre nach Erscheinen des Buches, veröffentlichte die Allgemeine Wochenzeitung der Juden in Deutschland eine kurze Besprechung: Nicht »weltanschauliche, sondern Wahrheitsfragen« behandle die Autorin; sie zeige das Handeln der »Individuen in der wirklichen menschlichen Gemeinschaft«.12 Für Helmut Kuhn, wie Arendt aus Deutschland geflohen – er lehrte damals an der Emory University in Atlanta –, drehten sich die Essays um »the Jewish question as it developed in consequence of the emancipation of the Jews and the German question as seen in the light of the catastrophe of 1933 to 1945. These two problems are closely interrelated and they belong both in the same wider context, manifesting as they do the crisis of our modern civilization.«13 So unterschiedlich die einzelnen Essays seien, sieht auch Erich Müller-Gangloff in »ihrer Grundthematik gleichwohl ein innerlich zusammengehöriges Ganzes«: Arendts Denken sei »eine sehr nahe und echte Beziehung zur Wirklichkeit eigen.«14
Die Sechs Essays wirkten – zusammen mit späteren, ebenfalls in der Wandlung erschienenen Artikeln – lange nach: »Jedesmal, wenn ich zum Schreiben ansetzte, Telefon oder junge Männer mit teils Rosen, teils Veilchen – zum Dank für die Artikel in der ›Wandlung‹«, schrieb Arendt am 9. Dezember 1955 aus Hamburg an Heinrich Blücher (ABlü, 437). Zweimal sollte das Buch wieder aufgelegt werden: Mitte der 1960er Jahre wollte Klaus Wagenbach die Essays in seinem neugegründeten Verlag herausbringen. Zehn Jahre später schlugen Karsten Witte und Uwe Johnson dem Verleger Siegfried Unseld eine Neuauflage bei Suhrkamp vor. Dort erschien Die verborgene Tradition, auf Acht Essays erweitert, im Frühsommer 1976, wenige Monate nach Arendts Tod.
II. Schreiben als »Zurückkommen«. Arendts Mitarbeit bei der Wandlung
Im Herbst 1945 kam Melvin Lasky, damals Soldat in der US-amerikanischen Armee, nach Heidelberg und besuchte Gertrud und Karl Jaspers: »Was bringt er von Ihnen! Schon das zweite Mal. […] Von Ihnen zu hören, von Ihnen Aufsätze zu lesen, denen man ganz zustimmte, war schön«, so Karl Jaspers am 28. Oktober (AJa, 57-58). Schon im nächsten Brief fragte er, ob Arendt für die Wandlung »einen Aufsatz schreiben« würde. »Worüber, das stände bei Ihnen. Ob Sie etwas aus dem schreiben könnten, was uns – ich meine Amerikaner und Europäer und darunter auch Deutsche – wirklich über alle Schranken hinweg verbindet? Oder lieber ein gegenständliches Thema, etwa – wonach man hier begehrt – informatorisch über amerikanisches Philosophieren in dieser Zeit?« (2. Dezember 1945; AJa, 61-62) »Ihre Aufforderung, mitzutun«, habe sie »ungeheuer gefreut«, antwortete Arendt am 29. Januar 1946. »Und wie glücklich ich wäre, könnte ich einfach schreiben und schicken. Mir scheint, keiner von uns kann zurückkommen (und Schreiben ist doch eine Form des Zurückkommens), nur weil man nun wieder bereit scheint, Juden als Deutsche oder sonst was anzuerkennen; sondern nur wenn wir als Juden willkommen sind. Das würde heißen, daß ich gerne schreiben würde, wenn ich als Jude über irgendeinen Aspekt der Judenfrage schreiben kann«. (AJa, 67-68)
Die Kriterien für die Auswahl von Texten, die Arendt nach Deutschland schickte, war damit vorgegeben. Auch pragmatische Überlegungen spielten eine Rolle: Bis auf den Aufsatz über Franz Kafka reisten nur Arbeiten über den Atlantik, die Arendt auf Deutsch geschrieben hatte. Umgekehrt wählte Arendt durchaus nicht alle Essays aus, die sie in ihrer Muttersprache verfasst hatte. Eine siebzigseitige Arbeit über »Ausnahmejuden«, im Frühjahr 1943 entstanden, bot sie den deutschen Freunden auch nicht in Auszügen zur Veröffentlichung an.
Warum und wie sie auf Deutsch und in Deutschland publizierte, war genau überlegt. Als Milton Konvitz, Professor für Rechtswissenschaft an der Cornell University, sie in einem nicht überlieferten Brief fragte, welche »convictions« sie in ihrem Verhältnis zum Land ihrer Herkunft leiteten, antwortete sie: »I started publishing in Germany rather early after the end of the war, but not out of ›conviction‹, but out of friendship for Jaspers and an old friend of mine from our students’ days who together started a new magazine and wanted me to help. And that did it, so to speak. The only thing I’d like to insist upon is that friendship is more important than convictions and principles and that loyalty to one’s friends comes before almost anything else.«15 (30. Januar 1959)
Der erste Text, den Arendt im Sinne dieser so tief politisch verstandenen Freundschaft an Jaspers schickte, war die deutsche Fassung von »Organisierte Schuld«. Jaspers erhielt ihn im Dezember 1945. Damit begann ein kurzes Jahr äußerst produktiver Zusammenarbeit mit der Wandlung. Alle Texte, die schließlich in den Sechs Essays gesammelt wurden, landeten in den folgenden Monaten bei der Redaktion, der letzte im Oktober 1946. Erst kam der über »Existenz-Philosophie«, dann »Imperialismus«, gefolgt von »Franz Kafka. A Revaluation«, dem Stefan-Zweig-Essay sowie der »Verborgenen Tradition«.16 In der Folge schrieb Arendt nur noch sporadisch für die Wandlung.17 Im Herbst 1949 wurde die Zeitschrift eingestellt.
III. Wechselspiel der Sprachen
Die Essays, die in der Wandlung und im Buch veröffentlicht wurden, zeigen nur einen kleinen Ausschnitt aus der Vielfalt von Arbeiten, die Arendt in den ersten New Yorker Jahren veröffentlichte. Im Mai 1941 war sie in den USA angekommen, im Jahr darauf erschien der erste Aufsatz in englischer Sprache. In den nächsten fünf Jahren publizierte Arendt zwanzig Aufsätze zu den unterschiedlichsten Themen in acht verschiedenen Zeitschriften und dazu viele Rezensionen sowie Kolumnen im New Yorker Aufbau.18 Die Sechs Essays präsentieren nur ein Viertel dieser Arbeiten; das Buch, an dem sie damals schon arbeitete, wird in dieser Zusammenstellung von Texten nicht sichtbar: Erst hatte es den europäischen Antisemitismus zum Thema, dann den Imperialismus, bevor es schließlich zum dreiteiligen The Origins of Totalitarianism wurde.
Sechs Essays in Deutschland – und in den USA sechs sehr unterschiedliche Publikationsgeschichten der englischen Fassungen.19 Sie zeigen, wie Arendt in den ersten Jahren des amerikanischen Exils versuchte, eine Stimme in der noch so fremden Sprache zu finden – und Geld zu verdienen. Vieles lässt sich nicht mehr rekonstruieren. Nicht alle Zeitschriften, in denen Arendt damals publizierte, haben Typoskripte und Briefwechsel archiviert; auch ihre eigenen Korrespondenzen bewahrte Arendt noch nicht systematisch auf. Da die meisten Redaktionen in New York saßen, wurde sicher vieles telefonisch abgesprochen und hinterließ daher keine schriftlichen Spuren.
Die englischen Erstveröffentlichungen, nach dem Erscheinungsdatum geordnet, ergeben folgendes Bild: Der älteste in den Sechs Essays präsentierte Text, eine Lektüre von Stefan Zweigs Autobiographie, erschien im Menorah Journal. Der nächste, ein Vortrag über Franz Kafka, stand am Beginn einer langen Zusammenarbeit mit Partisan Review. Bis in die 1960er Jahre veröffentlichte Arendt in dieser Zeitschrift, darunter auch den jüngsten der im deutschen Buch gesammelten Essays, »What is Existenz Philosophy?« »The Jew as Pariah. A Hidden Tradition« war Arendts zweite Publikation in den Jewish Social Studies, damals von Salo Baron herausgegeben; »Organized Guilt« bildete den Auftakt der Zusammenarbeit mit Jewish Frontier und der Aufsatz über den »Imperialism« mit Commentary.20
In kürzester Zeit war Arendts Stimme in einer Vielfalt von Zeitschriften vernehmbar geworden. Am Anfang stand wahrscheinlich ein Brief von Ismar Elbogen, vor seiner Emigration Herausgeber der Zeitschrift für die Geschichte der Juden in Deutschland, in der Arendts Aufsatz »Aufklärung und Judenfrage « erschienen war. Dieser Brief öffnete die Tür zur ersten dieser liberalen, meist jüdischen Zeitschriften, in denen Arendt damals veröffentlichte. Am 23. Oktober 1941 schrieb Elbogen an Salo Baron: »Dear friend, may I introduce Dr Hanna Arendt, formerly of Berlin who was a contributor to the Zeitschrift für Geschichte der Juden in Deutschland and was honorably mentioned by you in your present book. She left Germany in 1933 and lived in Paris. She has prepared some manuscripts on sociological topics which will be of interest to you.«21 Im November bat Arendt Salo Baron um einen Termin: »I studied Philosophy with Husserl, Heidegger and Jaspers,« so stellte sie sich vor: »I published one book on Augustin and numerous articles on historical and Jewish problems.« Gerade arbeite sie an einer »history of modern European anti-Semitism«.22 Ein paar Monate später wurde sie von Baron an Henry Hurwitz, den Herausgeber von Menorah empfohlen, wie ihr Brief an diesen vom 28. Mai 1942 zeigt. Die Kontakte zu den anderen Zeitschriften kamen wohl ebenfalls über Empfehlungen zustande, und bald brauchte Arendt diese Hilfe nicht mehr.
Ihre finanzielle Lage sollte noch lange prekär bleiben. Für »Zionism Reconsidered« bekam Arendt ein anständiges Honorar;23 bei den anderen Aufsätzen wissen wir nicht, ob und wie sie bezahlt wurden. An Salomon Adler-Rudel schrieb sie, einen Aufsatz habe sie nur zum Geldverdienen verfasst; welcher es war, geht aus dem Brief nicht hervor: »Apart from those things which I enjoy doing, I did some small and well-paid assignments which are not worth mentioning them. And then, all swelled up, I sat down and decided to do some writing only for money — and out came the very first article with which I could not earn a penny. What taught me a well-deserved lesson. I never got ›adjusted‹ to anything in my life — so why was I foolish enough to try it? Probably lack of money, or mere greed.«24
Ein Brief auf Englisch, geschrieben, als Arendt mitten im Wechsel der Sprachen war. Ob sie denn selbst übersetzen werde, fragte Henry Hurwitz, als er die »Ausnahmejuden« bekam. Das hoffe er doch sehr, denn mit professionellen Übersetzern aus dem Deutschen habe seine Zeitschrift keine guten Erfahrungen gemacht. Der Brief schließt mit einer Ermunterung: »Above all, however — if I may say so — I think it’s important for yourself to secure greater and greater facility in English for your own career in this country. Of course, I shall be glad to help you.« (4. März 1943)
Wahrscheinlich ist der Vortrag über Franz Kafka einer der ersten Texte, den Arendt auf Englisch geschrieben hat. Der Wechsel der Sprache war nicht von heute auf morgen zu vollziehen, daher schrieb Arendt in den folgenden Jahren noch öfter auf Deutsch, auch wenn sie sich an eine amerikanische Öffentlichkeit wenden wollte. Dem wiederum sind die Publikationen in Deutschland zu verdanken; von fünf der sechs Essays gab es deutsche Fassungen, obwohl keiner dieser Texte an Leser in dem zerstörten Land adressiert war. Nicht immer ließ sich rekonstruieren, wer Arendt damals bei den englischen Arbeiten geholfen hat. Oft waren es wohl die Herausgeber der Zeitschriften, die selbst Hand anlegten: »You offered me your help for my rather broken English and you will see that I need it rather badly«, schrieb Arendt am 10. August 1942 an Henry Hurwitz, dem sie gerade ihren Aufsatz »We Refugees« geschickt hatte.25 Das Typoskript der »Jews of Exception« im Archiv der Zeitschrift zeigt extensive Bearbeitungen von Hurwitz’ Hand. Nur bei »What is Existenz Philosophy« gab sich später der Übersetzer zu erkennen; im Erstdruck wurde nichts Entsprechendes vermerkt.26
IV. Auf der Suche nach einer »inneren Konzeption«
Die Debatte zog sich über zwei Jahre hin. Dann wurde der Plan fallen gelassen, aus Gründen, an die sich der Verleger nicht mehr erinnern kann.27 Klaus Wagenbach, der sich gerade vom Fischer Verlag getrennt und einen eigenen Verlag gegründet hatte, wollte die Sechs Essays in leicht veränderter Form wieder auflegen. Am 5. Juni 1964 schrieb er an Arendt: »Seit meiner Arbeit an der Jugendbiographie Kafkas (die dann 1958 erschien) waren mir nun Ihre ›Sechs Essays‹ vertraut und – besonders die letzten drei – hilfreich. Ich möchte Sie deswegen fragen, ob Sie über die Rechte an ihnen noch verfügen können und es Ihnen denkbar schiene, eine Lizenz daran zu vergeben – ich würde besonders an die drei Essays ›Über den Imperialismus‹, ›Organisierte Schuld‹ und ›The Jew as Pariah‹ denken, vielleicht auch an die kritische Betrachtung der ›Welt von Gestern‹. Es ergäbe dies einen Band, wie ich mir ihn für das, was die Textsammlung leisten sollte, sehr wünschen würde, einen Band auch, der gewiss in der richtigen Umgebung erschiene, über die ich Ihnen im Herbst gerne genau schreiben kann, ebenso wie man sicherlich über eine mögliche Modifikation des Bandes, beispielsweise mit der Aufnahme eines oder zweier der im ›Merkur‹ erschienenen Aufsätze, diskutieren könnte. Ich möchte Sie vorerst nur um Ihre Meinung zu meinem Vorschlag bitten und um die Mitteilung der rechtlichen Möglichkeiten, innerhalb derer er realisierbar wäre.«28 Zwei der Sechs Essays fehlen in Wagenbachs Liste: der zur Existenzphilosophie und – was verwunderlich ist – der Aufsatz über Kafka, der das Buch beschließt.
Der Band sei auf »sehr eigentümliche Weise zustande gekommen«, antwortete Arendt am 16. Juli 1964, »zu einer Zeit als briefliche Verbindung mit Deutschland noch recht schwierig war. […] Was die ›Organisierte Schuld‹ anlangt, so ist mir dabei heute nicht ganz wohl. Ich schrieb den Aufsatz während des Krieges und grosser Deutschen-Hetze für eine jüdische Zeitschrift. Jaspers und Sternberger wollten ihn dann in der deutschen Fassung für die Wandlung. Ich würde heute so nicht mehr schreiben – ohne dass ich direkt widerrufen müsste. Was ich nicht vorhergesehen habe, war die Adenauer-Regierung mit ihrer ja ganz unglaublichen Grosszügigkeit gegen wirklich schwer Belastete. Falls man den Aufsatz nochmals druckt, müsste ich dazu eine Vorbemerkung schreiben. Ansonsten scheint mir Ihre Auswahl sehr vernünftig. Bei dem Imperialismus-Aufsatz müsste man zusehen, wieweit er sich mit Kapiteln in meinem Buch über totale Herrschaft überschneidet. Was den Pariah-Essay anlangt, so hat mich immer schon gestört, dass der Grösste von ihnen allen, nämlich Heine nicht einfach allein abgehandelt wird oder doch wenigstens im Mittelpunkt steht. Ausserdem gebe ich zu bedenken, dass Chaplin sich hartnäckig weigert, Jude zu sein. Er möchte lieber von Zigeunern abstammen. Und warum auch nicht?«
»Auf Chaplin würde ich ungern verzichten«, so Wagenbach am 18. August 1964, »– wer würde nicht gern von Zigeunern abstammen? Aber dieser – übrigens charakteristische – Wunsch Chaplins (eine Pariah-Phantasie des Pariah förmlich) ändert an dem, was Sie schreiben, nichts.«
An den Weihnachtstagen habe sie sich „schliesslich doch entschlossen, mir die alten Essays anzusehen, um zu sehen, was für eine Veröffentlichung in Frage kommt«, schrieb Arendt am 28. Dezember 1964. Sie schlägt vor, den Imperialismus-Aufsatz wegzulassen und dafür den zweiten Kafka-Text hinzuzufügen: »Mir scheint es sinnlos und auch irgendwie unrecht, diese Essays, die ich so heute weder schreiben würde noch könnte, zu verändern. Ich würde also eine Vorrede schreiben, in welcher ich andeuten könnte, was mir an diesen Dingen heute fragwürdig erscheint.«
Mit der Suche nach einer »innere[n] Konzeption […], die die ›Sechs Essays‹ eigentlich nicht haben, auch nicht haben wollen,« kündigt sich das Scheitern des Projektes an. Man müsse die »Vorstellung eines förmlich amputiert wiederauferlegten Bandes« aufgeben und ein neues Konzept entwickeln, heißt es in Wagenbachs Brief vom 4. April 1965. »Sie haben recht, dass die sechs Essays keine ›innere Konzeption‹ haben«, antwortete Arendt am 7. Mai 1965. »Die Publikation kam ganz und gar zufällig zustande, es handelt sich nicht um eine von mir zusammengestellte Sammlung. Ich schickte Ende 1945, als ich mit Jaspers zum ersten Mal wieder in Kontakt kam, willkürlich was immer ich an deutschen Essays herumliegen hatte nach Heidelberg, um ihm zu zeigen, was ich inzwischen getrieben hatte und was ich ungefähr dachte. Dann wurden diese Essays teilweise von ›Der Sammlung‹ [sic] publiziert und schliesslich herausgegeben. Mir war alles recht, aber ich habe mich völlig passiv verhalten. Das einzige, was ich für die Sache tat, war der Einleitungsbrief.«
Als Titel für einen neu konzipierten Band schlägt Wagenbach Literatur und Politik vor, was Arendt ablehnt: »Auf keinen Fall aber können wir den Obertitel ›Literatur und Politik‹ verwenden. Der ist viel zu anspruchsvoll und trifft auch nicht eigentlich. […] Sagen Sie mir erst, was Sie von meinem Vorschlag ›Vor 20 Jahren‹ halten. Ich würde natürlich ein dementsprechendes Vorwort schreiben. Wenn Sie absolut dagegen sind (Aber bitte überlegen Sie sichs), könnte ich den Band noch mit einem längeren Brecht-Essay vermehren, der bisher nur auf englisch vorliegt und im NEW YORKER erscheinen wird. Da entsteht wieder die Schwierigkeit der Übersetzung. Ich werde es auf keinen Fall tun können, und ob Sie einen fähigen Übersetzer finden können, halte ich nach den betrüblichen Erfahrungen meinerseits für fraglich.« »›Vor 20 Jahren‹, das habe ich hin und her überlegt«, antwortete der Verleger: »Ich glaube, dass Sie auf die Redlichkeit der Überlegung vertrauen dürfen, zumal meine Reserve gegen Titel und Zusammenstellung, wie ich zugeben muss, Gründe haben, in denen Sachliches und Persönliches gemengt ist. Ich sehe mich, mit allen Einschränkungen und Nachteilen, durchaus als ›gegenwärtiger‹ Verleger, das wäre das Persönliche, und sachlich wäre zu bedenken, ob man schon mit diesem Titel – der als Untertitel mir durchaus denkbar schiene, für einen Teil des Bandes – nicht die bequemen Wege des ›escapism‹ bereitet, die wir beide nicht wollen. Vor 20 Jahren, das wäre für viele zu verlockend, den Vergleich zu ziehen, die schöne Summe, wie weit wir es gebracht haben« (4. April 1965).
Im Jahr darauf flog Wagenbach zur Tagung der Gruppe 47 nach Princeton, im Mai traf er mit Hannah Arendt in Chicago zusammen; danach wurde das Vorhaben nicht mehr verfolgt.
V. Die verborgene Tradition
»Zum Schluß ein Vorschlag für die Bibliothek Suhrkamp«, schrieb Karsten Witte am 21. Januar 1974 an Siegfried Unseld: »Hannah Arendt, Sechs Essays, zuerst und einzig erschienen (soweit ich weiß) in Heidelberg 1948, Schriften der Wandlung, herausgegeben von Dolf Sternberger. Mir ist nicht bekannt, warum die Autorin, auch bei ihrem Verlag (Piper?) diese Essays nie wieder vorlegte. Vielleicht wären sie um einige, noch unpublizierte zu ergänzen. […] Ich meine, diese Essays wären im Programm der BS, neben Scholem und Kraft zum Beispiel, gut aufgehoben.«29 Es dauerte dann noch zweieinhalb Jahre, bis die Idee umgesetzt wurde. Wobei die Neuauflage nicht in der Bibliothek Suhrkamp erschien, sondern als Suhrkamp Taschenbuch. Unseld reagierte schnell und bat drei Tage später Uwe Johnson, »eine Zeile an Frau Arendt« zu schreiben und zu fragen, »was sie dazu meint?«30 »Heute bin ich gebeten worden, Ihnen einen Brief zu schreiben«, so Johnson am Tag darauf an Hannah Arendt; er solle fragen, ob »Sie einer neuen Veröffentlichung dieser Essays wohlmeinend ins Auge blicken« würden? (AJoh, 108-109)
»Die sechs Essays könnt Ihr gerne haben«, antwortete Arendt am 12. Februar 1974, »wobei ich allerdings den Aufsatz ›Was ist Existenzphilosophie?‹ gerne ganz herausnehmen möchte, auf jeden Fall den Abschnitt über Heidegger. Ich habe diese Texte nie wieder drucken lassen, und nachdem ich sie mir jetzt nach 30 Jahren nochmal angesehen habe, scheint mir, dass das doch ganz gut möglich ist.« Als Ersatz für den herausgenommenen Aufsatz schlug sie »Zionism Reconsidered« sowie »Aufklärung und Judenfrage« zur Aufnahme in den Band vor, würde aber gerne Johnsons »Meinung« dazu hören. (AJoh, 114-115) Johnson antwortete ausführlich und will »Suhrkamp zur Erweiterung des geplanten Bandes durch diese beiden Sachen raten«. (AJoh, 120)
Danach passierte monatelang nichts. »Gerade fällt mir noch die Suhrkamp-Geschichte ein. Entsinnen Sie sich noch? Es handelte sich um einen alten Essay-Band von mir. Ich habe nie etwas von dem Verlag gehört und nehme also an, dass die es sich anders überlegt haben. Nach all dem einfach nicht zu antworten, scheint mir – unhöflich, to put it mildly,« so Arendt im August 1974. (AJoh, 133) Johnson tippte die Passage sofort ab und schickte sie am 30. August an Unseld.31 Und wieder passierte nichts, weshalb sich Johnson am 18. Dezember noch einmal beschwerte.32
Erst im Jahr darauf kam Bewegung in die Sache. Am 10. März 1975 schrieb Gottfried Honnefelder, damals Lektor beim Suhrkamp Verlag, dass »die beiden separaten Aufsätze uns für eine gemeinsame Ausgabe mit den anderen sehr geeignet scheinen.«33 Im Mai schickte Arendt ein korrigiertes Exemplar der Sechs Essays an den Verlag, das sich im Suhrkamp Archiv nicht erhalten hat. »As to the title«, so heißt es im Begleitbrief, »I’m very bad on titles and as a provisional title I would propose: Aus der Welt von Gestern. Perhaps somebody has a better idea.« Und zu der Frage, ob es ein Vorwort oder eine neue Einleitung geben solle, bemerkte sie: »Dolf Sternberger strikes me as a very good idea if he agrees since he was the editor of the magazine in which, I think, all these essays appeared. I myself may then just add a few lines drawing the attention of the reader to the fact that these essays really come somehow from a world long, long ago.«34 »Sie machten den Vorschlag, unseren Band ›Aus der Welt von Gestern‹ zu nennen, doch scheint mir, daß Ihre Aufsätze gerade das nicht sind«, antwortete Honnefelder am 19. Juni 1975. »Wir würden den Band doch lieber ›Die verborgene Tradition‹ nennen. Sind Sie damit einverstanden?«35 Auf diesen Brief ist keine Antwort überliefert; wahrscheinlich gab Arendt ihr Einverständnis, als Honnefelder sie in den nächsten Wochen an ihrem Ferienort Tegna besuchte. Die Fahnen konnte sie nicht mehr lesen. Das Buch erschien ohne die »few lines«, die Arendt schreiben wollte, und auch ohne ein Vorwort von Dolf Sternberger. Siegfried Unseld hatte ihn Anfang Juni 1975 gefragt, ob er einen kurzen Einleitungstext schreiben könne, was Sternberger postwendend ablehnte, weil er, wie es in seinem Antwortbrief schrieb, »schlechterdings keine Zeit dazu finde.«36 Als Arendt davon erfuhr, schrieb sie ihrem alten Freund: »Ein gewisser Herr Honnefelder hat mir auch mitgeteilt, dass Du die Strafe gleich hast auf dem Fusse folgen lassen. Da müssen ja doch meine Sünden sehr erheblich sein.«37 Das waren wohl Arendts letzte Worte zu diesem Buch. Als es erschien, war sie schon nicht mehr »da«.
1
AJa, 146 und 148.
2
AJa, 60. Arendt kannte das damals noch unveröffentlichte Gedicht aus der Brecht-Mappe, die sich in ihrer Bibliothek findet; vgl. Hahn / Knott. Von den Dichtern, 210-217.
3
Vgl. »Zueignung an Jaspers«.
4
»Organisierte Schuld« sowie »Über den Imperialismus«.
5
In Arendts Nachlass sind keine Briefe von Lambert Schneider überliefert.
6
Es handelte sich um den Aufsatz über Stefan Zweigs Autobiographie sowie die »Verborgene Tradition«.
7
Brief vom 14. Mai 1947. CG.
8
Brief vom 12. März 1948. CG. In der Folge schreibt Sternberger über das Honorar für den Band: »Damit ich nun Ihre freundliche Vollmacht recht versehen kann, wüsste ich gerne möglichst umgehend, was ich mit dem für Sie eingehenden Honoraranteil – 10 % des Ladenpreises, der RM 3.20 beträgt – anfangen soll. Wir haben gestern im Kreise der Herausgeber eingehend mit dem Verleger über die Frage des Preises verhandelt. Es stand der Preis von 3.20 mit 10 % Autorenanteil und der Preis von DM 4.00 bei 15 % Autorenanteil zur Wahl. Da hier alle derartigen Ueberlegungen, namentlich jetzt, unter dem Damoklesschwert der Währungsreform angestellt werden, so entschloss man sich schliesslich zu dem billigeren Preis im Interesse eines kontinuierlichen Verkaufs auch nach der Geldoperation. Namentlich der kluge Bankierssohn Karl Jaspers war es, der diesen Gesichtspunkt in den Vordergrund rückte und Ihr Interesse an solchem stetigem Vertrieb höher einschätzte als Ihr Interesse an dem Honoraranteil in Reichsmark. Ich hoffe, wir haben es so recht gemacht.«
9
»Lambert Schneider versteht sich nicht auf Propaganda«, so heißt es in Jaspers’ Brief vom 23. August 1952. »Das hat mir bei Ihren Essays immer sehr leid getan. Wir wußten das nicht, als wir alle damals bei ihm druckten.« AJa, 232.
10
»Das Symbol des Paria. Sechs Essays von Hannah Ahrendt«. Die Welt. Nr. 135 vom 16. November 1948, 4. Die Rezension wurde von »Bb.« gezeichnet, dem Kürzel von Hans Blumenberg. Zusammen mit Blumenbergs Exzerpten aus Arendts Aufsatz wurde sie nachgedruckt in: Hans Blumenberg. Rigorismus der Wahrheit. ›Moses der Ägypter‹ und weitere Texte zu Freud und Arendt. Hg. von Ahlrich Meyer. Berlin 2015, 71-75.
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ch. m. »Paria und Parvenü«. Neue Zeit. Nr. 117 vom 20. Mai 1949, 3. Das Kürzel konnten wir nicht auflösen.
12
»Hannah Arendt. Sechs Essays.« Allgemeine Wochenzeitung der Juden in Deutschland. 4. Jg. 3. März 1950, 7. Den Verfasser – »cgm«. – konnten wir nicht identifizieren.
13
Helmut Kuhn. »Hannah Arendt. Sechs Essays.« German Books. A Selective Critical Bibliography of Publications in German. Bd. II. 1. März 1949, 2-3. Diese Sammlung von Kurzrezensionen wurde »five times a year by the Department of Germanic Languages and Literatures at the University of Chicago« herausgegeben.
14
Erich Müller-Gangloff. »Sechs von sieben Essays«. Neue Zeitung. Literaturbeilage. 13. November 1949, ohne Seite.
15
Milton R. Konvitz Papers, Kheel Center for Labor-Management. Documentation & Archives. Cornell University Library. Box 8, Folder 11.
16
Ein weiterer Aufsatz, »The Seeds of a Fascist International«, den Arendt geschickt hatte, wurde nicht in der Wandlung veröffentlicht. Er »macht uns Kopfzerbrechen«, schrieb Jaspers Ende Juni 1946. »Ich schreibe Ihnen, was ich auch Sternberger sagte: Erste Reaktion: So etwas müssen wir drucken.« AJa, 80. Heinrich Blücher, so schrieb Arendt am 17. August 1946 in ihrer Antwort, »wußte nb. nicht, daß ich den Artikel geschickt hatte, und war ganz entsetzt über soviel Dummheit.« AJa, 92.
17
Es erschienen noch drei Aufsätze, die später alle in EuU eingearbeitet wurden: »Konzentrationsläger«, »Parteien und Bewegungen« sowie »Es gibt nur ein einziges Menschenrecht«.
18
Eine Bibliographie dieser Texte in: Hannah Arendt. Ich will verstehen. Selbstauskünfte zu Leben und Werk. Hg. von Ursula Ludz. München 1996, 260-268.
19
In den Einleitungskommentaren zu den einzelnen Aufsätzen werden diese Geschichten im Detail rekonstruiert.
20
Von dieser Zeitschrift, damals von Hayim Greenberg herausgegeben, konnten wir kein Archiv finden.
21
Stanford Archives. Salo W. Baron Papers. Series 1. Box 14, Folder 5.
22
Stanford Archives. Salo W. Baron Papers. Series 1. Box 11, Folder 14.
23
Auf Arendts Briefen im Archiv des Menorah Journals finden sich Notizen, in denen es auch um Geld geht: »We Refugees« wurde mit $ 40 honoriert; für »Zionism Reconsidered« bekam Arendt $ 100, was heute ca. $ 1450 entspricht. »I can hardly tell you how much I appreciate your kindness and your extreme solidarity in this matter«, schrieb Arendt in ihrem Dankesbrief vom 8. März 1943. American Jewish Archive. Henry Hurwitz Papers. Series A. General Files. Box 1, Folder 16.
24
Brief vom 2. November 1943; Hannah Arendt / Salomon Adler-Rudel. Briefwechsel in den Originalsprachen. Zitiert nach: http://www.hannaharendt.net/index.php/han/article/view/72/108.
25
In seiner Antwort schrieb Hurwitz, dass der Text »some improvement« brauche, »though I must add that you need not to be ashamed of your English, which will undoubtedly improve with practice.« Vgl. Anm. 23.
26
Vgl. »Was ist Existenz-Philosophie«.
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Wir danken Susanne Schüssler für ihre freundliche Auskunft per E-Mail vom 17. Juli 2018.
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Wie alle im Folgenden zitierten Briefe: CP, Wagenbach.
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DLA. SUA: Suhrkamp /01 Verlagsleitung / Allgemeine Korrespondenz. Von Werner Kraft war 1968 Franz Kafka: Durchdringung und Geheimnis in der Bibliothek Suhrkamp erschienen; von Scholem die ersten drei Bände der Judaica.
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Uwe Johnson / Siegfried Unseld. Der Briefwechsel, 811.
31
Uwe Johnson / Siegfried Unseld. Der Briefwechsel, 836.
32
Uwe Johnson / Siegfried Unseld. Der Briefwechsel, 845.
33
CP, Suhrkamp.
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Durchschlag. CP, Suhrkamp.
35
CP, Suhrkamp.
36
DLA. SUA: Suhrkamp /01 Verlagsleitung / Allgemeine Korrespondenz.
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Brief vom 22. Juni 1975. DLA. A: Wandlung. Zu diesen »Sünden« gehörte, dass Arendt Sternbergers Buch über Machiavelli, das er ihr geschickt hatte, immer noch nicht gelesen hatte.